Erstmals seit der Atlantiküberquerung steht eine „richtige“ Überfahrt an, nämlich jene von der W-Küste Puerto Ricos zu den Turks and Caicos-Inseln. Die Dominikanische Republik wollen wir – wenn möglich – überspringen. Mit einer Ausnahme, der 80sm Überfahrt zu den BVI, segelten wir seit Anfang des Jahres nur in gemütlichen Tagesetappen.
Für die 290sm nach Big Sand Cay, der südlichsten Turks-Insel, kalkulierten wir 48 Stunden – also losfahren nach einem gemütlichen Frühstück nicht vor 10:00 Uhr.
Schwierig war nur die Wahl des richtigen Tages. Mo-Mi war kaum Wind angesagt, Do-Fr dann Starkwind aus N, allerdings bald nach NO drehend, „gewöhnlicher Passat-Wind“ frühestens in einer Woche. Abfahrt also Mittwoch – und im vollen Vertrauen auf die prognostizierte Winddrehung Kurs nördlicher als direkt.
Wir legten am Mittwoch schon um 9:30 Uhr bei absoluter Flaute ab. Das Wasser war spiegelglatt und wir kamen mit knapp 5kn sehr gemütlich voran – mit nur einem Motor natürlich. Kurz nach Mittag kam dann überraschend, aber nicht unangenehm, leichter W-Wind (!) mit 7-10kn auf. Wir setzten Segel und ließen unsere Cul8r auf losen Amwind-Kurs laufen, ca. 20-30° nördlicher als direkt – dem erwarteten Wind entgegen.
Nach 4 Motor- und 3 Segelstunden waren wir fast 20sm nördlicher als der direkte Kurs. Die ersten Zweifel kamen auf, ob der N-Wind auch zur rechten Zeit einsetzten würde.
Um 17 Uhr schlief dann der leichte W-Wind ganz weg und die immer stärker werdende Welle aus N deutete auf die kommende Winddrehung hin. Jetzt mussten wir noch eine weitere Stunde gegen die Welle motoren, es gibt ja nichts Unangenehmeres, als Leichtwindsegeln bei kräftigem Schwell. Dann war der Wind da, bald 20kn aus N und wir fuhren so hoch als möglich – Kat-typisch sind das nicht mehr als 60°.
Da wird leider auch Kat-Segeln recht unangenehm. Alles grammelte und krachte im Schiff, die Wellen schlugen von unten aufs Brückendeck, dass der Tisch im Wohnzimmer wahre Bocksprünge vollbrachte. Im vollen Vertrauen auf die angesagte O-Drehung fielen wir bald um 10° ab und fuhren damit zu weit südlich. Da gab dann die Cul8r erst richtig Gas, lief 8-9 Knoten. Ruhiger wurde es durch die höhere Geschwindigkeit allerdings auch nicht. Ein 1.Reff in Groß und Genua sollte die Geschwindigkeit drosseln, tat es aber nicht – der Wind legte zu. So schnell wollten wir gar nicht weiterkommen, lieber etwas ruhiger, und so rollten wir vor Einbruch der Dunkelheit die Genua weiter ein – aber wieder ohne merkbaren Geschwindigkeitsverlust.
Am nächsten Tag war dann schon klar, dass wir viel zu schnell unterwegs sind, d.h. unser geplantes Ziel Big Sand Cay auf den Turks noch in der Nacht erreichen würden. Trotz doppelt gerefftem Groß und dreifach gereffter Genua. Der Wind hatte auf 25 kn zugelegt und kam aus NO.
Wir legten unsere bislang weiteste Strecke in 24 Stunden zurück: 211sm von 16:00 bis 16:00 Uhr, immer über 200sm auch um 20 Uhr und um Mitternacht. Wir fuhren lange Zeit Geschwindigkeiten um die 10kn und beschlossen die Turks auszulassen und gleich zu den Caicos weiter zu segeln. Der raumende Wind gestaltete die Fahrt zunehmend ruhiger und die letzten Meilen, bereits im Schutz der insgesamt 60sm langen Caicos-Bank waren so feines Segeln, dass sich sogar die Bordfrau langsam erholte.
Um nicht wieder in der Nacht anzukommen, blieb das 2.Reff im Groß und um 8:30 Uhr fiel der Anker – nach 360sm und 47 Stunden – in Lee der winzigen French Cay-Insel am Rand der Caicos-Bank, ganz knapp am Ufer, auf nur 2.5 m Wassertiefe.
Die nur von Vögeln bewohnte kleine Insel – leider ohne Palme – gab uns mit ihren Riffen ausreichend Schutz vor den Wellen – nicht vor dem Wind – und wir ruhten uns erst einmal aus, schnorchelten und erkundeten die Insel, bevor wir am nächsten Tag, bei hochstehender Sonne die Querung der Caicos-Bank wagten.
Von unserem exponierten „Randposten“ bis auf die bei Seglern sehr beliebte „Hauptinsel“ Provendenciales. Fast 15sm über 2-4m Wassertiefe, immer Ausschau haltend nach dunklen Stellen, Korallenblöcken im Sand, um diesen rechtzeitig auszuweichen zu können. Das strengt an, auch wenn wir bei 15-20kn Wind nur mit der Genua und daher nicht schneller als 5-6kn unterwegs waren. Für das Großsegel fehlte uns einfach der Mut ….
In „Provo“ wollten wir wieder einmal die Services einer „echten“ Marina nutzen, vor allem das Internet. Deshalb nahmen wir Kurs auf die South Side Marina, die im Hafenhandbuch besonders den „Cruisern“ empfohlen wird. Nichtsahnend, dass sogar für unsere 110cm Tiefgang, die Marina-Einfahrt ein weitere Herausforderung darstellen wird. Trotz genauem Einhalten der keineswegs geradlinigen Ansteuerung, zeigte unser Echolot mehrmals für längere Zeit nur 30cm unter den Kielen. Bei Hochwasser sind es 60cm mehr, da hätte dann allerdings keine Sonne gescheint …
Irgendwie schafften aber auch die anderen, wenigen hier liegenden Segler (mit geringem Tiefgang) die Einfahrt in die Marina, welche jedoch weit häufiger von Motorbooten genutzt wird. Besonders die „Power-Boote“ mit bis zu 4 Aussenbordern mit bis zu 350 PS das Stück, erfreuen sich hier größter Beliebtheit.