Wind, Wellen, Wetter, oft auch die Navigation, stellen große Herausforderungen in unserem Seglerleben dar. Die wahren Feinde sind jedoch meist unsichtbar und schleichen sich auf leisen Sohlen unbemerkt heran.
UV-Strahlung und Schimmel, Korrosion und Elektrolyse, Algen und Muschelbewuchs arbeiten Hand in Hand gegen unsere Bemühungen das Schiff „in Schuss“ zu halten.
Wir können putzen und entsalzen so viel wir wollen, bei der nächsten Ausfahrt machen die Wellen und die daraus resultierenden Salzwasserduschen alle Arbeit wieder zunichte. Alleine der Gedanke daran hemmt ein wenig die „Arbeitslust“.
Die Werft Foutaine Pajot (FP) hat sich redlich bemüht, alle Hohlräume auch bei geschlossenen Luken wirksam zu belüften. Wenn man weiß, welche Wassermassen im tropischen Regen und/oder rauer See auf ein Schiff von allen Seiten niederprasseln, kann man sich gut vorstellen, dass es dabei kaum möglich ist, die Innenräume wirklich trocken zu halten.
Selbstverständlich gehört es längst zur täglichen Bordroutine, die Luken so lange und so oft als möglich zu öffnen, um Frischluft durch Rümpfe und Salon streichen zu lassen. Trotzdem sind praktisch alle Stoffe, also nicht nur die Bekleidung im Schrank, sondern auch Bettzeug und Polster, Sitzbezüge und Vorhänge vom Schimmel bedroht.
Deshalb versuchen wir mit aller Konsequenz zu vermeiden, salznasses Gewand in den Kasten zu legen – das kommt in das sonst kaum genützte zweite Badezimmer. Salz zieht bekanntlich die Feuchtigkeit an – und Salz ist praktisch überall, nicht nur im Spitzwasser beim Segeln und beim Dinghifahren, auch im Schweiß von der Hitze des Landganges.
Mehr als Stoffe und Leder leiden allerdings die Metalle unter dem Salz und der Feuchtigkeit. Sie korrodieren, lösen sich also auf – die einen schneller, die anderen langsamer. Verhindern lässt sich dieser Prozess nicht – bestenfalls hinauszögern. Und wenn der aufmerksame Skipper etwas übersieht wird es zumindest teuer – oder gar gefährlich. Besonders beim Rigg, aber darauf möchte ich später eingehen.
Die Korrosion von Metallen kann aber auch eine andere Ursache haben, nämlich die Elektrolyse. Wenn unterschiedliche Metalle an einander geraten, fließt Strom und das „niederwertigere“ Metall beginnt sich aufzulösen. Aluminium ist auf Schiffen besonders gefährdet. Deshalb muss jede Niete am Mast, jede Want (Stahldraht) und jeder Niro-Beschlag mittels Trennmittel vom Alu ferngehalten werden.
Taschenmesser, Taschenlampen, Werkzeug, Elektronik – alle Dinge des täglichen Bedarfs – sind bald mit einer Patina überzogen und nur mühsam und mit viel Öl und, wie gesagt, mit guter Belüftung länger am Leben zu erhalten. Dabei sind wir überzeugt, dass letztere im hoch gelegenen und offenen Salon eines Katamarans noch weit besser ist, als in den Tiefen und verschlungenen Ecken eines Einrumpfbootes.
Beispiele gefällig? Leider mangelt es uns daran nicht.
Die Nähte der Großbaumpersenning haben wir in New York nach einem (!) Jahr bereits erstmals nachnähen lassen – inzwischen hat das dankenswerter Weise die Bordfrau übernommen.
Die „besten“ – oder zumindest die teuersten – Unterwasseranstriche schützen den Rumpf unter der Wasserlinie nur einige Monate vor Bewuchs – dann muss bald gewischt und später mit Spachtel gekratzt werden. Wie unser Saildrive so aussieht, wenn mir dafür, wie in Neuseeland, das Wasser zu kalt ist, zeigt ein Foto.
Das Gehäuse unserer Ankerwinsch – nach Herstellerangaben aus salzwasserbeständigem Aluguß – hat sich nach 2,5 Jahren regelrecht „aufgelöst“ – rund 5 mm Material haben bereits gefehlt. Vermutlich weil längere Zeit Salzwasser in der Gummidichtung zwischen Podest und Gehäuse stand – bzw. nur mehr das Salz, nachdem das Wasser verdunstet ist.
Unsere erste Ankerkette (10 mm, verzinkt) war in der häufig genutzten Mitte an einigen Stellen nur mehr 8 mm stark. Bemerkt haben wir dies erst, als durch den dadurch vergrößerten Abstand der Kettenglieder die Kette immer wieder aus der Ankerwinsch gesprungen ist.
Der durch Zufall entdeckte „Haarriss“ an einem mehr als 10 Jahre alten Niroschäkel entpuppte sich als echte Bruchstelle – ich konnte den 5 cm langen Schäkel mit zwei Finger aufbiegen.
Erst am Trockendock bemerkte ich, dass die unter dem Brückendeck angebrachte Tankentlüftung des einzigen Dieseltanks gänzlich vom Salz verschlossen und korrodiert war. Bei einer längeren Motorfahrt wären vermutlich beide Motoren abgestorben.
Bei rauhem Wetter spritzt natürlich jede Menge Salzwasser auf unsere komfortable „Terrasse“, welches dann unter dem Tisch hin- und herschwappt. Das Wasser trocknet – das Salz bleibt – weil ich die Tischbeine nicht rasch genug mit Süßwasser gespült habe, blieben dort deutlich sichtbare Spuren im Alu – rund einen Millimeter tief.
Auch die zerlegbaren Dinghipaddel sind ein gutes Beispiel für Elektrolyse. Der gefederte Niro-Nippel reagiert mit dem aufgesteckten Alurohr. Das Bild sagt mehr als 1000 Worte.
Wirklich kritisch wird die Sache aber beim Rigg, wo immer verschiedene Metalle Verwendung finden. Da wir bekanntlich nur 2 Wanten und ein Vorstag haben, muss hier jeder Bruch unweigerlich zum Verlust des Mastes führen.
Selbstverständlich schenkt der pflichtbewusste Skipper dem Rigg besondere Aufmerksamkeit und pflegt und säubert regelmäßig die „Toggles“, jene Metallteile, die die Wanten mit dem Rumpf verbinden, vom laufend entstehenden Flugrost.
Sehr zu meiner Überraschung finde ich an den drei Jahre alten Teilen nicht entfernbare Rostspuren – eindeutig Haarrisse – und das an mehreren Stellen. Leicht verunsichert sichere ich die besonders betroffene Backbord-Want mit einer mehrfach geschorenen Kevlarleine und suche Unterstützung bei Bruce Vasconcellos, dem von Hawai kommenden, einzigen Rigger in Fischi.
Gerne lässt sich der 60-jährige mit seinen sicher mehr als 100 kg von mir auf den Mast ziehen, inspiziert alle Teile und empfiehlt mir, wie erwartet, unbedingt die beweglichen Toggels zu tauschen – er könne sie in Australien bestellen.
Da die Wantenspanner auf Grund der Korrosion kaum mehr zu bewegen waren, bestellen wir diese auch gleich mit und eine Woche später erfolgt dann gemeinsam der Austausch – sehr zur Beruhigung des zu diesem Zeitpunkt einsamen Skippers.
Überrascht hat mich nur die Reaktion der Werft FP, die meinte, die Risse seien ein Ergebnis des Schmiedeprozesses bei der Herstellung und „only aesthetic“. Wir beide, Claudia und ich, schlafen trotzdem besser mit unseren neuen Wantenspannern.
Alles in allem ist unser Leben nicht halb so geruhsam, wie sich das wohl viele denken.
Manchmal können wir uns gut vorstellen, wie sich Don Quijote gefühlt haben muss, bei seinem Kampf gegen die Windmühlen.
Missen wollen wir das Bordleben trotzdem nicht – auch im Paradies ist halt nicht nicht jeden Tag Sonntag.
Sehr, sehr lehrreich, vielen Dank. Diese Probleme werden oft unter den Tisch gekehrt. Bin jetzt erleichtert, keinen Cat von FP gekauft zu haben, ich habe gedacht, das ist eine Qualitätswerft. Aufgrund Deines Berichtes werden wir doch das Geld für eine Klimaanlage aufwenden.
Wir starten im September 2016 auf einer neuen Bavaria Open 40. Ich werde von Beginn an die Augen offen halten.
Liebe Grüße
Erwin
verfolge in Bad Pirawarth bei meiner nächsten Reha eure Reise und bin froh das ich kein Schiff mit diesen Möglichkeiten besitze, nur ein ebike für 20 km bei schönem Wetter, dann nachladen oder treten.
liebe Grüße aus dem herbstlichen Weinviertel (leider ist Wein in der Klinik verboten – aber mit Tricks läßt sich alles besorgen) Euer zeitweise Mitreisender Peter
Erschreckend eindrucksvoll, lieber Edi. Deshalb gibt s auf dem TRAUMJÄGER viele „nicht übliche“ Lösungen – der Vater meinte: vordenken, nicht nachdenken 😉 und der Kopf wäre nicht nur für die Haare da… aber für manches gibt s eben auch keine angemessene Lösung (noch nicht 😉
LG von mir