Die Kreolen sind ein stolzes Volk und betteln ist nicht das ihre. Zwar sind die meisten nicht mit ausreichender finanzieller Ausstattung gesegnet, aber sie sind sehr bemüht und erfinderisch im Erbringen diverser Leistungen für Yachties, um zu ihr schmales Einkommen zu verbessern.
Von wenigen Ausnahmen abgesehen – davon später, muss die Geschäftsanbahnung naturgemäß vor Ort, also bei den Yachten erfolgen. Und dabei zeigen sich bereist die großen Unterschiede bei der Ausstattung der „Locals“ wie sie in der englischen Literatur kurz und treffend genannt werden.
Kommen die einen mit ihrem Flitzer mit 75-PS-Motor und adrett gekleideter Bordfrau am Bug um ihren frischen Lobster (Hummer) anzubieten, versuchen es die anderen mit recht gewagten Einzelkonstruktionen, wie einem aus Rümpfen eines Segelkatamarans zusammengebastelten Floß , einem Surfboard (ev. mit Sitz und Paddel) oder einfach schwimmend – mit Taucherbrille, Schnorchel und Harpune. Wie dem auch sei – es ist auch in der abgelegensten Bucht jederzeit damit zu rechnen, dass ein „Local“ zum Schiff kommt und seine Dienste anbietet.
Genau so vielfältig wie die angebotenen Dienste selbst, sind die Wege, die zur Präsentation der Leistung führen. Im einfachsten Fall ein Hochhalten des aktuellen Fangs („lobster?“ , „fresh fish?“) , sonst meist eine freundliche Frage nach dem „captain“, dann die Frage wie es uns denn so auf der Insel X gefalle, von wo wir kommen und ob wir das erste Mal in X wären. Erst dann wird auf die angebotene Leistung näher eingegangen. Und dann gibt es natürlich die „Gschichteln“ – wie überall in der Welt- von denen man nie erfahren wird, ob sie gut erfunden oder (hoffentlich nicht) wirklich wahr sind. Wenn ein zum Schiff schwimmender Taucher mir einen abgerissenen Gummi seiner Harpune zeigt und meint, er würde mir die Kosten sofort ersetzen, wenn er einen neuen Gummi besorgt und dann genügend Fisch gefangen hätte – dann kann ich nicht nein sagen und ihn von der Schiffskante stoßen. Er gehörte sicher zu den Ärmsten in der Reihe der „Geschäftsanbahner“.
Aber nun zu den angebotenen Leistungen selbst, die sich doch recht deutlich unterscheiden und recht vielfältig sind: Wie gesagt, Fisch und Lobster, geboten werden meist Langusten, nicht Hummer, sind recht häufig und schon fast als einfallslos anzusehen. Üblich sind „garbige“ – das Angebot, den Mist zu entsorgen – wohin auch immer – oder frisches Brot, Obst oder Einkäufe für den nächsten Tag, Eis (zum Kühlen), Treibstoff (für das Dinghi), Taxidienste oder Besichtigungstouren zu organisieren, Restaurants, Bar oder Barbecue am Strand – wieder Lobster und Fisch, aber bereits essfertig und mit lokalen Gemüsen zubereitet – und vieles andere mehr.
Einer hatte es allerdings nicht nötig, den mühsamen Weg zu den Yachten anzutreten – er hatte eine bessere Ausgangsposition. Es war der Beamte bei der Zollbehörde in Carriacou – dort müssen alle Yachties hin, die weiter nach Norden fahren wollen – oder von Norden kommen und nach Süden wollen, weil die nächste bzw. vorige Insel (Union Island) gehört zu einem anderen Staat. Dieser legte mir nach den üblichen Formularen eine Unterschriftenliste vor, wo einige Skipper bereits unterschrieben hatten. Sie würden einen ortsansässigen Musiker finanziell unterstützen, der zur Unterhaltung im ganzen Ort beigetragen hätte, der aber für seine Musik ein neues Keyboard benötigen würde. Auf meinen Einwand, ich kenne doch diesen namentlich genannten Musiker gar nicht, meinte der Zöllner – das sei er selbst. Ich muss zugeben, der Mann hat Ideen