Zwar hat Wasser bekanntlich keine (Grenz-)Balken, aber der Wechsel von einer karibischen Insel auf eine andere ist recht häufig mit einem Grenzübertritt, also dem Wechsel von einem Staat in einen anderen verbunden.
Jeder diese unabhängigen Kleinstaaten hat natürlich seine eigenen Gesetze und es ist nicht immer ganz leicht, sich gesetzeskonform zu verhalten. International üblich ist, dass der Ein-bzw.Austritt in bzw. aus einem Land nur in bestimmten Häfen erfolgen darf, und zwar asap (as soon as possible).
Liegt diese meist größere Stadt auf der üblichen Nord-/Südroute nicht am Anfang bzw. am Ende der Insel, wollen wir natürlich erst illegaler Weise in einer schönen Bucht ankern, bevor wir die große Stadt zum Einklarieren anlaufen. Das ist durchwegs üblich und wird toleriert, zumindest hatten wir nie Probleme bei einer relativ „späten“ Einklarierung – also z.B.: drei Tage nach einer Ausklarierung.
Welche Fragen uns bei der Einklarierung erwarten, zu welcher Zeit zu wie vielen Behörden zu gehen ist und welche Kosten dabei anfallen, wissen wir im Vorhinein nie, trotz bester Informationen von Hafenhandbüchern und Segelfreunden – das hängt von Tageszeit, Tag und nicht zuletzt vom diensthabenden Beamten ab. Allen Ein-/Austritten gemein ist das Ausfüllen von überlangen, (länger als A4) Formularen mit mindestens drei Durchschlägen.
Die darin enthaltenen Fragen sind aber höchst unterschiedlich: neben den Schiffsdaten, Namen und Passnummern der Personen und das woher und wohin füllen schwer nachvollziehbare Fragen die umfangreichen Formulare: Anzahl der Masten, Anzahl der Motoren (Marke, Type, Stärke), Farbe und Material der Rümpfe, Modell, Baujahr usw. – Daten die zwar aus dem österreichischem Seebrief zu entnehmen sind, dieser wurde ab in Übersee noch nie angesehen.
Bei den Fragen zu den transportierten Gütern gebe ich bei Alkohol, Zigaretten und Drogen genau so „NO“ an, wie bei Waffen und Munition – wohlwissend, dass sowohl Alkohol als auch eine Signalpistole an Bord ist.
Interessant auch die Fragen nach der Gesundheit. In Granada wurde Claudia von Amts wegen beste Gesundheit bescheinigt, bevor sie an Land war und ohne vom zuständigen Arzt gesehen zu werden.
Schwierig ist auch die Wahl des richtigen Zeitpunktes zum Ein- bzw. Ausklarieren. Die nicht allzu hohen „offiziellen“ Gebühren werden recht häufig durch die „overtime-fee“, eine Art „Überstundenzuschlag“ aufgebessert, falls außerhalb der „Amtsstunden“ amtsgehandelt werden muss. In Tobago, nach der Atlantiküberquerung, wurden wir um 10:00 vormittags gefragt, wann wir angekommen sind – wahrheitsgemäß antwortete ich „um 21:00 Uhr“ – was eine „overtime fee“ zu Folge hatte. Ein anderer Segler gab an, er sei um 8 Uhr angekommen – worauf der Beamte feststellte, dann habe er um ca. 7 Uhr das Hoheitsgebiet erreicht und eine „overtime fee“ sei zu bezahlen. Natürlich ist diese Gebühr auch an Samstagen, Sonn- und Feiertagen, an Fenstertagen (zwischen den Feiertagen) und an den Faschingstagen (!) – Faschingsmontag bis Aschermittwoch – fällig.
Eine Besonderheit bot noch die Behörde in der Walilabou-Bay auf St.Vincent: Ein-/Ausklarieren war nur Montag bis Freitag zwischen 16-18 Uhr möglich – allerdings IMMER mit „overtime fee“, weil diese ist nach 16 Uhr grundsätzlich fällig. Zur „günstigen“ Normalzeit hat die Behörde aber leider geschlossen.
Zweimal ist es bisher passiert, dass uns die gewünschte Ein/Ausklarierung verweigert wurde, beide Male in St.Lucia, einem Eininsel-Kleinstaat. Beim Einklarieren stand die Cul8r nicht im vorgesehene Hafen, wo die Behörde logiert (Vieux Fort), sondern drei Meilen weiter in Laborie – ein weit schönerer, kleiner Hafen. Wir fuhren mit Bus zur Behörde.
OK, war ein Versuch. Beim Ausklarieren lag es aber nicht an uns: der für den Stempel zuständige Beamte war auf Mittagspause – seine unbefugten Mitarbeiter empfahlen uns entweder 1.5 Stunden zu warten oder in die nächste Stadt, in die Rodney-Bay, zu fahren und den Stempel nachmittags dort zu holen.
Jeder Staat braucht Geld und möchte seiner Bevölkerung möglichst gute Geschäfte mit den Seglern ermöglichen. Zu hohe Gebühren würden die Segler am jeweiligen Inselstaat weiterfahren lassen – den Profit würde der Nachbarstaat einheimsen.
Auch wir haben einmal eine Insel aus Kostengründen übersprungen: Mustique, wo Mick Jagger und David Bowie ihre bescheidenen Anwesen pflegen (lassen). Wir wollten nicht 75 US$ für eine Boje in einer rolligen Bucht bezahlen. Ankern ist natürlich verboten. Nachträglich tut’s uns eher leid. Die 75 US wären für drei Tage gewesen und sobald werden wir wohl kaum hierher kommen. Angeblich ist die Insel wirklich besonders schön …
Eine beliebte Möglichkeit Segler anzuziehen und an deren Geld zu kommen sind „Nationalparks“. Das funktioniert sowohl an Land (Regenwald, Wasserfall, Vulkan usw) als auch am Wasser, in den schönsten Buchten und Ankerplätzen. Ankern, harpunieren, fischen und Jetski sind verboten, Tauchen nur mit lokalem Guide erlaubt. Parkranger kontrollieren recht streng die Einhaltung der Vorschriften – und kassieren die Eintrittsgebühr ( z.B. in den Tobago Cays, Statia).
Meist sind (kostenpflichtige) Bojen zum Anlegen vorhanden – nur in Dominica geht man noch einen Schritt weiter: dort ist das Befahren der schönsten Plätze nur mit Ausflugsbooten erlaubt. Das bedeutet für uns Segler: längere Anfahrtswege, Schiff länger allein lassen – besser an eine Boje oder (falls vorhanden) in eine Marina, Taxi zum „Nationalpark“, dort Ausflugsboot und ortskundigen Guide, sowohl für die Wanderwege im Regenwald und auf die Berge, als auch für die Unterwasserwelt – alle leben vom Tourismus.
Aber nochmals zurück zu den Formularen. Frankreich ist „modern“ und die Inseln Martinique, Guadeloupe haben das Formularausfüllen jetzt „vereinfacht“ – man muss das genau so lange Formular am Computer selbst ausfüllen – am Zoll-eigenen versteht sich, keine allgemein zugängliche Website. Dies führte in meinem Fall zu einem „Stau“ von 12 Skippern, die sich um vier PCs scharten – der einzige Zöllner schaffte diesen „Ansturm“ ganz locker. Zur allgemeinen Erheiterung: die PCs haben eine ganz eigene, vielleicht französische Tastatur (Buchstabenbelegung), jedenfalls keine deutsche und keine amerikanische.
Dafür wurde in St.Pierre auf Martinique die Klarierung bereits „outgesourced“- sie kann im Internetcafe gemacht werden – den Stempel darf die Kellnerin abgeben.
Eine weitere Besonderheit bietet St.Martin, das bekanntlich eine Grenze zwischen dem holländischen und dem französischen Teil enthält, die ohne Formalitäten am Land zu Fuß oder mit jedem Fahrzeug (Moped, Scooter, Leihwagen, usw.) überschritten werden darf. Segler, die beide Teile bereisen möchten, müssen allerdings in beiden Teilen ein- und auch wieder ausklarieren – das sind bekanntlich VIER Besuche bei den diversen Behörden auf einer Insel, die auf keiner Seite länger als 7 Seemeilen ist.