06.12.-14.12.2010
Wieder sind wir am ICW unterwegs und wieder ist es kalt. Tagsüber hält uns das Segeln hier warm und am Abend wird der Heizstrahler angeworfen. So schaffen wir es mit diesen Temperaturen – in der Nacht 0 Grad und am Tag <10 Grad - ganz gut zurecht zu kommen. [caption id="attachment_3290" align="alignright" width="150" caption="als Sundowner - Tee mit Rum "][/caption]
Außer uns zieht es noch viele andere Segler und Motorbootfahrer in südliche Gefilde. Der freundliche und aufmerksame Umgangston der „Cruiser“ untereinander überrascht uns immer wieder.
Ehe ein schnelleres Boot zu einem Überholmanöver ansetzt, erkundigt sich der Kapitän über Funk ganz höflich welche Seite dem langsameren Fahrer denn angenehm wäre.
Nach entsprechender Antwort werden dann noch alle möglichen Nettigkeiten und guten Wünsche ausgetauscht, beendet mit dem unvermeidlichen „Marry Christmas“ und „happy Holidays“.
Viele Brücken müssen wir in diesem Abschnitt passieren und wir bemühen uns genau zu den Öffnungszeiten zur Stelle zu sein. „Ringerln“ fahren oder ankern wären die wenig attraktiven Alternativen. Die vorletzte Brücke vor Cape Canaveral hat dann jedoch alle unsere Planungen über den Haufen geworfen – eine Stunde Wartezeit wegen Reparaturarbeiten.
Damit können wir die nachfolgende Brücke nicht mehr rechtzeitig passieren, sondern müssen bis nach der Rush-Hour warten. In der Zeit von 15:30 bis 17:00 wird die Brücke nicht geöffnet, um den Auto-Verkehr nicht aufzuhalten. Der geplante Besuch im Kennedy-Space-Center, der berühmtesten Raumfahrtsstation der Welt, ist somit ins Wasser gefallen.
Wir haben nämlich am Freitag einen Termin zur Übergabe unseres neuen Parasailors in West Palm Beach vereinbart. Der Parasailor wird im Rahmen einer Probefahrt (mit Einschulung) übergeben – und dafür soll natürlich das Wetter passen. Zum Wochenende kommt die nächste Front und deshalb müssen wir am nächsten Tag weiter. Gleich nach dem Frühstück passieren wir die Schleuse, die uns in den Atlantik entlässt.
Draußen erwarten uns die vorhergesagten 15kn Wind – doch schon bald steigert sich dieser auf 20 bis 30kn. Der Himmel ist bewölkt und irgendwie hat es den Anschein, als wisse er selbst nicht ob er seine Schleusen öffnen sollte.
Bei geringer Welle und mit gerefftem Groß und Genua gleitet die Cul8r flott durchs Wasser. Wir sind viel schneller als geplant und vor Anbruch der Dunkelheit bergen wir das Groß – wer weiß, was dieser unheimlich wirkende Himmel für uns bereithält.
Doch nur ein kurzer Regenguss verschönt meine Nachtwache. Kurz nach Mitternacht und nur mit der Genua erreichen wir das Inlet nach West Palm Beach, welches wir schon von unserer ersten Ankunft in den USA im Mai kennen. Etwas mehr als eine Stunde später schaukelt uns die Cul8er vor Anker in den Schlaf.
Gleich nach dem Frühstück am nächsten Morgen verlegen wir uns in die Marina und kurz darauf kommt, wie vereinbart, ein Techniker von Fountaine Pajot , der unser Rigg überprüft und die Wantenspannung nachstellt. Ehe wir die Fahrt über den Pazifik antreten, wollen wir uns noch bestätigen lassen, dass mit unserer Cul8r alles in Ordnung ist.
Dann haben wir gerade noch Zeit unser Schiffchen ein wenig abzuspritzen, ehe unser Besuch samt neuem Segel ankommt.
Petrus belohnt uns mit wunderschönem Segelwetter und wir testen unseren neuen weiß-blauen Schmetterlingsflügel ausgiebig – so würden wir gerne durch den Pazifik gleiten.
Das schöne Wetter wollen wir nutzen, um Palm Beach mit den Rädern zu erkunden. So starten wir nach einem ausgiebigen Frühstück – wegen des schönen Wetters wieder auf der Terrasse – haben wir die Kälte jetzt endgültig hinter uns gelassen?
In West Palm Beach ist heute Markttag – und daran kann ich einfach nicht vorbei gehen.
Dann aber geht es weiter über eine der Brücken, die West Palm Beach am Festland mit der Insel Palm Beach verbindet, zu den Reichen und Schönen.
97 % der Einwohner auf der 27 km2 großen Insel (nur 10km2 – Landfläche) sind hellhäutig und mehr als 50 % davon haben das 65. Lebensjahr schon überschritten. Doch statt toller Häuser sieht man hier nur riesige Hecken, die ihre Bewohner abschirmen.
Nach unserem Radausflug verlassen wir die Marina wieder und fahren zu einem geschützten Ankerplatz, wo Eva und Sepp mit ihrer Sanuk II schon auf uns warten. Die beiden sind heute in West Palm Beach angekommen und wir freuen uns schon auf ein oder zwei Plauderstündchen mit ihnen.
Den Abend verbringen wir zu viert auf der Cul8r und am nächsten Nachmittag sitzen wir gemeinsam in der Sanuk II.
Dann verabschieden wir uns wieder von den beiden und machen uns auf den Weg nach Fort Lauderdale. Wegen des starken Windes wollen wir wieder am ICW fahren. Dieser Abschnitt des Wasserweges wird jedoch von 21 Brücken gequert.
Segeln ist im engen Kanal nicht üblich – einmal wurden wir von einem Brückenwärter sogar aufgefordert das Groß zu bergen, sonst würde er die Brücke nicht öffnen. Edi sitzt mit der Uhr am Steuerstand, um mit oder ohne Genua und einem oder zwei Motoren die Bootsgeschwindigkeit den Brücken-Öffnungszeiten anzupassen – so schaffen wir es, lange Wartezeiten zu vermeiden – bei 15 Brücken an einem Tag eine Notwendigkeit.
Einige Brücken öffnen, wenn ein Schiff kommt, andere haben fixe Öffnungszeiten z.B. zur vollen oder halben Stunde. Immer müssen wir uns via Funk anmelden und um Öffnung bitten – andernfalls wird nicht geöffnet. Der laute Signalton, der den Autofahrern das Schließen der Schranken anzeigt, erinnert an eine Regatta – noch eine Minute bis zum Start.
So sind wir froh, nachdem wir die letzte Brücke passiert haben und unsere Cul8r an einer der Bojen vor Fort Lauderdale hängt.
Fort Lauderdale – eines der großen Weltsegelzentren – sogar das VOLVO-Ocean Race hatte hier eine Station – wird auf Grund der vielen Kanäle, die diese Stadt durchkreuzen, auch das Venedig Amerikas genannt. Davon zeugen auch die 100 Marinas und 42.000 Boote, die hier ihren Heimathafen haben.
Diese Kanäle erschweren eine Radtour, da über die Brücken oft nur mehrspurigen Autobahnen führen, auf denen wir nicht so gerne mit den Rädern unterwegs sind.
So beschließen wir, uns für zwei Tage ein Auto zu mieten, Vorräte für Kuba und die San Blas-Inseln zu bunkern und zwei Naturschutzparks der Everglades zu besuchen.