Nach mehr als drei Monaten in Französisch Polynesien ist es höchste Zeit an die Weiterfahrt zu denken. Neuseeland ist noch weit und die Cooks-Inseln und Tonga wollen auch noch besucht werden. Zwar würden wir auf Maupiti, der letzten bewohnten Gesellschaftsinsel noch gerne ein paar Tage länger bleiben, aber der enge, nach Süden offene Pass verträgt sich gar nicht gut mit dem angekündigten, bis zu 5 m hohen Schwell aus Süd. Entweder wir fahren sofort oder wir müssten gleich eine Woche länger bleiben.
Also am frühen Nachmittag nichts wie raus aus dem Pass – alle anderen Yachten haben Maupiti bereits in der Früh verlassen – bei kaum 5 kn Wind und strahlender Sonne trotzdem kein Honiglecken. Kurze steile Seen von 2-3 m Höhe ließen unsere CUL8R aufsteigen und dann ins Wasser plumpsen, dass sie aus allen Fugen krachte. Nur kurz, kaum 100 m, Strom gegen Welle, dann ist der Spuk vorbei und bei ganz schwachem Wind werden wir langsam und kaum merkbar hochgehoben und wieder abgesenkt.
In dem bekannten Verlangen, keine Insel auszulassen, ist Mopelia unser nächstes Ziel, 100 sm westlich und noch zu Französisch Polynesien gehörend, leben angeblich ganze 7 Personen auf dem einige Kilometer langen Atoll mit einer nur 30 m breiten Einfahrt in die Lagune bei 4-8 kn Gegenstrom. Nach 2,5 Motorstunden dreht der leichte Ostwind auf Süd und machte damit erst Segeln nach Westen möglich.
In den nächsten Stunden legt der Wind langsam zu und in der Nacht folgen dann 1.Reff, dann 2.Reff und sogar das 3. Bei 28 kn eher vorlichem Wind sind wir sehr froh, in der Früh bald in die Abdeckung von Mopelia zu gelangen, wo wir zwei wenig attraktive Optionen haben: entweder wir schaffen die enge Passage auch bei dem kräftigen Wind, dann sind wir in der Lagune zumindest mäßig geschützt, oder wir müssen weiter zur nächsten Insel, nach Aitutaki, 350 sm entfernt, derzeit Am-Wind-Kurs.
Der Gedanke an die lange raue Strecke schafft Motivation – Segel weg, beide Motoren auf 2.500 U/min und rein in die Enge, die nur innen mit zwei Barken markiert ist und auf dem Plotter 0,2 sm weiter nördlich angezeigt wird. Die Strömung ist zu schaffen, trotz kräftigem Gegenwind sinkt unsere Geschwindigkeit über Grund nicht unter 1,7 kn, es scheint von Vorteil, dass der kräftige Wind, der uns in den folgenden Tagen erhalten bleiben wird, erst seit einigen Stunden so stark weht. Die beiden Gashebel der Motoren in der rechten Hand und das Steuerrad in der linken, kann ich die Cul8r recht genau in der Mitte des engen Fahrwassers halten, die kaum von Wasser überspülten Riffe zu beiden Seiten will ich mir gar nicht so genau ansehen.
Nach der etwas aufregenden Passage sind wir „drin“ – Ruhe kehrt aber deshalb noch lange nicht ein. In der Lagune hat sich bereits eine recht ruppige Welle aufgebaut und Schutz gegen den herrschenden Südwind ist kaum gegeben. Wir queren die Lagune nach Osten – in der Hoffnung auf die angekündigte Winddrehung auf Ost – dann würden wir hinter dem einige Kilometer langen Motu im seichten, türkisblauen Wasser ruhig liegen. Dann, morgen oder eher übermorgen – bis dahin lassen wir uns noch weiter durchschütteln. Für einen Landgang ist es uns noch viel zu rau.
Überraschender Weise sind wir nicht allein auf unserem ungemütlichen Ankerplatz. Der 50‘ Kat LIQUID LIVING aus Südafrika ist ein einige Stunden vor uns durch den Pass und will ebenfalls hier die Starkwindphase abwarten, bevor das junge Ehepaar mit ihren drei Kleinkindern weiter nach Australien segelt, wohin sie auswandern wollen.
Erst nach zwei windreichenTagen wird es endlich gemütlich auf Mopelia. Wir schnorcheln um die Korallenblöcke nahe beim Schiff, wandern stundenlang über das Motu ohne Menschen zu sehen, und stellen fest, dass nur mehr ein Haus bewohnt ist – die drei Männer sind aber meist mit ihrem Motorboot unterwegs.
Noch immer verheißen die Wellenprognosen 4-5 m hohen Schwell aus Süd und so richten wir erst am 4. Tag unseren Bug in die enge Ausfahrt, wieder ein kurzer Adrenalinstoß, als wir mit gut 10 kn die Enge passieren – und wir sind wieder am weiten Meer, bei 10 kn Wind und gar nicht mehr so hohen Wellen.
350 sm liegen jetzt vor uns, bis zur ersten Cook-Insel, die einen brauchbaren Ankerplatz verspricht, bis Aitutaki. Auch dort erwartet uns wieder ein schmaler Pass, diesmal nach Nordwest offen, wobei in Aitutaki die Lagune durchwegs seicht und nur der künstliche Kanal zur Stadt mit 1.6 m tief genug für nicht tiefgehende Yachten sein soll.
Einfahrt daher nur bei Tag und guter Sicht möglich. Aufgrund der günstigen Windprognosen hoffen wir die 350 sm in nur zwei Nächten zu schaffen und kommen bald ein wenig in Zeitnot, als der Wind auf 6-8 kn von hinten nachlässt. Trotz Spi-Hilfe und Handsteuerung schaffen wir am ersten Tag nicht mehr als 4,5 kn Schnitt – und als der Spi bei Einbruch der Dunkelheit in den Sack, eigentlich in den Schlauch, muss, nicht einmal das.
Doch die Windprognosen sollen recht behalten, in der Nacht frischt der Wind auf mehr als 15 kn auf und kommt südlicher, sodass unsere CUL8R für die restlichen 36 Stunden einen Schnitt von 8 kn schafft und uns noch bei gutem Licht an die Einfahrt von Aitutaki bringt. Unser Erstaunen ist groß, als wir keinerlei Bojen oder Markierungen bei der Einfahrt in den zweitgrößten „Port of Entry“ der Cook-Inseln vorfinden. Zusätzlich sind die Seekarten wieder 0,2 sm verschoben und wir sind recht froh, dass wir die genaue Position der Einfahrt schon Tage vorher über Funk erfahren haben.
Nur ein schmaler Streifen ist zu sehen, wo sich die Wellen nicht brechen – das muss also die Einfahrt sein – und sie ist eher harmlos. Natürlich wieder Gegenstrom, aber nur 3-4 kn, und nach wenigen Minuten verschwindet der Schwell völlig, der die Einfahrt von außen so bedrohlich wirken lässt.
Der Grund, warum wir nur wenige Yachten in Aitutaki erwarten, ist die Tiefe des künstlich geschaffenen Kanals durch die Lagune. Nur 1,6 m zeigen die Karten bei Niedrigwasser – unser Echolot zeigt aber nie weniger al 1,9 m an – also auch hier kein Problem – allerdings nur bei guter Sicht. Korallenköpfe wollen bei dieser geringen Tiefe umfahren werden und der recht enge Ankerplatz auf 2,2 m ist immer wieder damit gespickt.
Wir könnten vermutlich auch in dem winzigen Hafenbecken ankern – mit Landleine oder zweitem Anker, um keinen Raum zu verschenken – entscheiden uns aber lieber für weiter draußen, weil wir fürchten im inneren Hafen könnte unsere Cul8r die Fischer oder ein Versorgungsschiff stören. Zu dieser Zeit befindet sich nur ein Dauerlieger im Hafenbecken, keine einzige Fahrtenyacht in der Lagune, das ist eine echte Überraschung und sollte sich bald ändern.
Als wir Aitutaki vier Tage später wieder verlassen, ankern zwei Yachten neben uns, eine weitere im Innenhafen, eine draußen vor der Einfahrt und die deutsche „Doublemoon“ ist gerade am Weg zur Einfahrt. Also richtig „crowdy“ – höchste Zeit für die Weiterfahrt nach Palmerston, rund 200 sm entfernt, das bei gutem Wind am nächsten Tag noch bei Tageslicht erreichbar sein sollte.
Auf Grund der Winddrehung nach Norden sind wir wieder einmal recht flott (und damit leider auch unbequem) unterwegs und erreichten das Atoll mit zweitem Reff bereits um 13 Uhr, um dort allerdings festzustellen, dass uns die an der W-Seite ausgebrachten Muringbojen bei der angesagten W-Drehung nicht für eine Nachtruhe geeignet erscheinen.
Wir steuern daher den Süden der Insel an und sind etwas erstaunt, dort die SY Off Course anzutreffen, die noch vor der Einfahrt von Aitutaki geankert hat, als wir es verlassen haben. Der 55‘ Outremer-Kat ist so ziemlich das Schnellste, was es in dieser Größe serienmäßig zu kaufen gibt. Mit nur 9 Tonnen und vermutlich nicht mehr Innenraum als wir, hat uns der Kat in der Nacht locker überholt, ohne dass wir es bemerkt haben.
Erwartungsgemäß dreht der Wind in der Nacht weiter von Nord auf West und unser Ankerplatz am Außenriff wird recht ungemütlich. Nach einem schaukeligen Frühstück rollen wir die Genua aus und suchen uns einen anderen Ankerplatz auf der O-Seite, die ja bei den meist herrschenden Passatwinden die Luvseite darstellt. „Off Course“ versucht es erst etwas exponiert im Südosten der Inseln, folgt uns aber am Nachmittag an die O-Seite, wo wir zwar ausgezeichnete Schnorchelplätze finden, gut geschützt fühlen wir uns aber nicht.
Wie angekündigt, dreht der Wind weiter gegen den Uhrzeiger Sinn – warum tut er das eigentlich immer in der Nacht? – und wir können in der Früh endlich zu den Bojen an der W-Seite der Insel verlegen, wo wir sofort von Bob, einem Einheimischen mit seinem kleinen Alu-Boot mit starkem 2-Takt-Außenborder empfangen werden.
Die „Big Passage“, der sichersten Pass in die 7 km lange Lagune, ist nur einige Meter breit, 60 cm (!) tief und wegen der starken Strömung auch mit stark motorisierten Dinghis nicht passierbar. Die äußerst freundlichen Einheimischen bieten sich aber an, die Yachties mit ihren Alubooten auf die von 63 Personen bewohnte Insel zu führen. Aber das ist eine andere Geschichte – siehe Bericht über Palmerston-Island.