05.-12.08.10
Bei günstiger Windvorhersage starten wir unsere Überfahrt nach Kanada.
Leider nimmt uns der Nebel schon bei der Ausfahrt aus Portland die Sicht und unsere Hoffnungen, dass er sich im Laufe des Tages verziehen wird, erfüllen sich nicht. Wie durch Watte gleitet die Cul8r übers Wasser. Ab und zu hören wir das Brummen von Motoren in der Ferne, aber zum Glück kommt keines der Boote zu nahe. Wir machen uns wieder mit dem Radar vertraut und sind froh über die elektronischen Helferleins, welche uns den Weg weisen.
Die Temperaturen sinken und in der Nacht breitet sich die Nässe des Nebels im ganzen Schiff aus. Wir tragen unter Jeans, Jacken und Pullover Schiunterwäsche – Winterfahrplan – Kanada wir kommen.
Am nächsten Tag ist die Sicht zwar teilweise ein wenig besser aber bei der Einfahrt nach Yarmouth sind wir sehr froh über unseren Kartenplotter. Erst 200m vor Erreichen der Ansteuerungstonne taucht diese im Nebel vor uns auf.
Dann, langsam, schält sich auch das Land aus dem Nebel und als wir die Stadt erreichen, klart es auf.
Schon vor der Einfahrt haben wir per Funk unser Kommen angekündigt. Im fast leeren Hafen, zwei Segler hängen an Bojen, drei weitere stehen in der Marina, nehmen wir uns eine freie Bojen und Edi fährt mit dem Beiboot ins nächste Lokal, um von dort den Zoll anzurufen. Dann warten wir am Boot auf die angekündigten Zollbeamten – erst um 22.30 Uhr erwecken winkende und Licht schwenkende Menschen am Steg unsere Aufmerksamkeit.
Es sind die Mitarbeiter der Zollbehörde. Wir haben erwartet, dass sie mit einem Boot kommen werden– leider besitzen sie ein solches jedoch nicht, wie sie uns später erzählen. Unser Beiboot dürfen sie nicht benutzten und so müssen wir zu später Stunde unsere Boje wieder verlassen und am nahen Steg anlegen. Der junge Mann und die beiden Damen, die dann zu uns an Bord kommen, sind sehr freundlich und die Formalitäten sind schnell erledigt. Eine knappe Stunde später hängen wir wieder an der Boje.
Am nächsten Morgen begrüßt uns strahlender Sonnenschein – unglaublich, wie sich dadurch alles verändert.
Nova Scotia auf Deutsch Neuschottland, ist die zweitkleinste Provinz Kanadas. Auf etwas mehr als 55.000 km2 leben nicht ganz eine Million Menschen. Interessant finden wir auch, dass auf dieser Halbinsel kein Punkt mehr als 56km vom Meer entfernt ist.
Als wir bei unserem ersten Stadtspaziergang einen Laden betreten, schlägt uns warme Luft entgegen. Noch vor wenigen Wochen haben wir uns über jede Klimaanlage gefreut. Jetzt sind wir dankbar für die beheizten Räume dieses kleinen Geschäftes.
Wir freuen uns über die Sonne und genießen den Bummel durch die Straßen, vorbei an wunderschönen gepflegten Gärten und Häusern.
Obwohl wir nur sehr wenige Touristen treffen, ist hier alles auf diese ausgelegt. Irgendwie erscheint uns die Stadt wie eine Hochzeitsgesellschaft, die auf die Braut wartet.
Im riesigen Informationszentrum sehen wir trotz einiger Besuche, nie mehr Touristen als Angestellte. Erst später erfahren wir, dass in diesem Jahr die Fähre in die USA eingestellt wurde. Alle hoffen darauf, dass sie im nächsten Jahr wieder fährt.
Schon ab dem späten Vormittag gibt es heute Live-Music am Hafen. Wir gesellen uns abends zu den Zuschauern und nutzen die zu dieser Zeit spielende Musik aus den 60ern, um uns mit Boogy und Foxtrott warm zu halten.
Nach einer schönen, langen, heißen Dusche in der Marina fallen wir müde und zufrieden in unsere Kojen.
Am nächsten Tag – es ist Sonntag – steht ein Radausflug zum ca.11 Meilen entfernten Cape Forchu auf unserem Programm. Die Sonne scheint heute leider nicht und so treten wir fest in die Pedale, um uns warm zu halten.
Am Weg zum Kap sehen wir nicht nur viele verlassene Fischerboote sondern auch jede Menge verwaiste Krabben- oder Lobsterkörbe.
Trocken gefallen
Das Ziel unserer Tour – der Leuchtturm – wird wegen seiner Form „apple core“ ins österreichische frei übersetzt „Apfelputzen“ genannt. (Apfelkerngehäuse klingt einfach nicht so gut!)
Hier werden die Touristen mit großen Tafeln über die geschichtsträchtige Vergangenheit dieser Stätte informiert.
kalt aber informativ
Obwohl die dunklen Wolken am Himmel nichts Gutes verheißen, kommen wir zu unserer Überraschung trocken nach Hause.
Da wir mehr von diesem schönen Land sehen wollen, mieten wir uns für einen Tag ein Auto und erkunden den westlichsten Teil von Nova Scotia.
Entlang der West- und Südküste fahren wir auf einer gut ausgebauten Bundesstraße durch die, im wahrsten Sinne des Wortes, malerische Landschaft.
Kirchen, Leuchttürme, Ortschaften und viel Wald – zwischen durch wunderschöne Buchten mit Ausblick auf grün bewachsene, vorgelagerte Inseln – so haben wir uns Kanada vorgestellt.
Immer wieder bleiben wir stehen, um das Gesehene mit unserem Fotoapparat festzuhalten.
Dann fahren wir von der Küste ins Landesinnere, wo wir den Kejimkujik Nationalpark im Herzen von Nova Scotia besuchen. Bei einem Spaziergang durch den Wald fühlen wir uns fast wie zu Hause.
Entlang der Nordwestküste führt uns unser Ausflug wieder nach Yarmouth zurück.
Die Sonne hat sich wieder hinter dicken Wolken versteckt und so bleiben wir nur mehr an besonders schönen Plätzen für ein Foto stehen.
An der St. Bernard Kirche können wir jedoch nicht vorbeifahren. Dieses wunderschöne Gebäude wurde in 32 Jahren, von einer kleinen Gruppe Bauern und Handwerkern errichtet – unglaublich.
Wieder am Boot zurück ist es recht kalt, doch ein kleines Stückchen nördlicher wollen wir noch. Brier Island soll dann der Absprunghafen zurück nach Amerika werden.
Abends sitzen wir in einer Nebelsuppe, dass alles nur so tropft und rinnt. Trotzdem oder gerade deshalb verlassen wir Yarmouth am frühen Vormittag.
27 sm sind es bis nach Brier Island und wir navigieren wieder mal mit Kartenplotter und Radar durch die weiße Wand, die uns umgibt.
Edi steht am Steuer und ich finde eine Möglichkeit mich warm zu halten: mit kochen! Auch ein Grund zum Feiern findet sich – unsere 10.000te Seemeile.
Wir können unser Glück kaum fassen, als sich der Nebel bei der Einfahrt in den Hafen von Westport einfach hebt und die strahlende Sonne vom Himmel lacht. Das war wirklich in letzter Minute.
Da wir keinen geeignet en Ankerplatz finden – bei 6 m Tide nicht – hängen wir uns an eine der verlassen wirkenden, großen Bojen.
Edi fährt mit dem Beiboot zur nahen Fischzucht um nachzufragen ob wir hier jemanden stören. Die Bojen gehören Krabbenfischern. Da jedoch seit Anfang Juni Schonzeit ist – in Kanada dürfen die Krabben und Lobster nur 6 Monate im Jahr gefangen werden – können wir die Boje ruhig verwenden.
Wie von der Wettervorhersage versprochen, begrüßt uns am nächsten Morgen die Sonne, umgeben vom strahlenden Blau des Himmels. Dieses Wetter habe ich beim Universum bestellt.
Wir wollen nämlich heute nicht nur die kleine Insel erkunden, sondern auch den größten Säugetieren im Meer einen Besuch abstatten.
Wieder einmal leisten unsere Klappräder gute Dienste. Mit dem Wechsel der Gezeiten verändert sich die ganze Landschaft hier. Ein Schauspiel, an dem ich mich einfach nicht satt sehen kann.
Am Nachmittag ist es dann endlich so weit und wir steigen auf eines der Walbeobachtungsboote um.
Und wirklich – es dauert nicht lange, als wir in der Ferne die ersten großen Rücken ausnehmen können. Auch die typischen Wasserfontänen steigen aus dem Wasser.
Wie gebannt starren alle durch ihre Ferngläser. Zuerst scheinen uns die Riesentiere auszuweichen, doch als dann unser Kapitän den Motor ausschaltet, kommt uns eines der riesigen Tiere sehr nahe.
Mit einem letzten Schlag der Schwanzflosse verabschiedet er sich lautlos von uns.
Ganz verzaubert von den großen Tieren kommen wir 4 Stunden später wieder zurück auf unsere Cul8r.
Das war sicher einer der Höhepunkte der ganzen Reise und getreu dem Motto „wenn es am schönsten ist, soll man Schluss machen“ beenden wir unsern Aufenthalt in Kanada.
Wieder ist uns der Wettergott hold als wir die Brier Islands hinter uns lassen.
Wir wollen heute 55 sm bis Main zurücklegen. So gibt es wieder mal einen Pyjamastart. Und noch vor dem ersten Kaffee können wir einige Seelöwen beobachten, die sich in der Morgensonne räkeln.
Etwas später sehen wir dann auch einige Male Wale in der Ferne. Nur der Wind ziert sich ein wenig auf dieser Überfahrt und so ist es schon später Nachmittag, als wir Main erreichen.
Entgegen den Angaben unseres Hafenhandbuches ist Jonesport aber kein Einklarierungshafen mehr. Bei der verlangten telefonisch Anmeldung werden wir von der Behörden höflich darauf aufmerksam gemacht, dass die notwendigen Zollformalitäten erst in Bar Habor, 30 sm westlich, erfolgen können – und deshalb suchen wir uns erst einmal eine ruhige Ankerbucht.
Wunderschön und ruhig liegen die Inseln und das zerklüftete Land vor uns. Nur die Bojen der Krabbenfischer stören das friedliche Bild und sind schuld dran, dass wir uns teilweise wie in einem Labyrinth fühlen.
Aber wir schaffen es, die kleine Ankerbucht unbeschadet zu erreichen und werden mit einem eindrucksvollen Sonnenuntergang belohnt.
Gratuliere zu den tollen Fotos nun hab ich ein Stück Kanada kennenlernen dürfen
Bussi Maria