Die Perleninseln werden uns noch lange in Erinnerung bleiben, kamen wir doch kurz vor deren Verlassen in eine recht unangenehme Situation, die böse hätte enden können.
Wir laufen in der untergehenden Sonne bei leichtem Wind in die Bucht vor Esmeralda ein, einem kleinen Dorf am Südende der Isla del Rey, der größten Insel der Inselgruppe der Las Perlas, ca. 35 sm südlich von Panama City.
Der Ankerplatz ist sehr weitläufig und offen, nur ein unter der Wasser liegende Untiefe bildet seeseitig einen gewissen Schutz gegen den einlaufenden Schwell. Einige offene Motorboote von Einheimischen liegen an Moorings, einige weitere wurden mit Schwung am Sandstrand hinaufgefahren. Kein Segler ankert vor dem Ort – wir sind die Attraktion des Tages.
Noch bevor der Anker weit draußen auf 10m fällt, umringen uns bereits winzige Paddelboote, meist mit 1-2 Kindern besetzt, die versuchen gleichzeitig zu paddeln und ohne zu kentern das einströmende Wasser aus ihren ausgehöhlten Einbäumen hinauszubringen.
Der einzige Erwachsene, ebenfalls im Einbaum, begrüßt uns sehr freundlich, und bietet seine Dienste an, natürlich in spanischer Sprache.
Wie wir von anderen Langzeitseglern bereits wissen, kann man in Esmeralda frisches Obst kaufen – deshalb sind wir ja hergekommen. Vorerst verbal werden uns Papayas, Bananen und Ananas angeboten und wir nicken zustimmend.
Worauf sich einige der Paddler von unserer Cul8r lösen und an Land paddeln, um Obst zu holen. Kaum ist unser Anker auf seinen Platz, kommt Chico, der einzige Erwachsene, wieder zurück und zeigt uns voller Stolz zwei große Papayas und einen Stock ganz kleiner, noch sehr grüner Bananen und das fröhliche Feilschen um den Preis beginnt.
Im Einbaum sitzend, breitet er das mitgebrachte Obst auf unserer Heckplattform aus, um es besser zur Geltung zu bringen und gibt uns zusätzlich eine kleine, fast leere Wasserflasche in die Hand. Claudia, immer in dem Bestreben anderen Menschen zu helfen, wäscht die Flasche erst aus und füllt sie mit sauberem Watermaker-Wasser – paddeln macht durstig – und gibt sie dem Obstverkäufer mit dem Wort „Aqua“ wieder zurück.
Erstmals verfinstert sich Chicos Miene und ein deutliches „no Aqua“ lässt uns raten, was er mit dem Fläschchen bezwecken will. „Seweso“ (Bier) oder Cola gibt es nicht bei uns an Bord, zur Abgabe von einem halben Liter Rum oder anderen harten Getränken besteht keine Veranlassung.
Wir rätseln, was Chico in die Plastikflasche gefüllt haben will, wenn er immer von den „Las Perlas“ spricht. Es fällt uns wie Schuppen vor den Augen – „Las Perlas“ – die Perleninseln!
Er will gar nichts in dieses Wasserfläschchen gefüllt – er will uns eine Perle verkaufen, und wenn wir sie ihm nicht abkaufen, dann möchte er natürlich seine Perle wieder zurück, die angeblich in der Flasche war. Jetzt ist guter Rat teuer – war das eine gut gemachte Finte und es gab gar nie eine Perle – oder könnte es sein, dass Claudia die Perle beim Reinigen des Fläschchens einfach ins Meer geschüttet hat, ohne es zu bemerken?
Ohne Spanischkenntnisse dies herauszubekommen, war uns nicht möglich; wir versuchten den Satz „wir haben keine Perle gesehen“ mit Hilfe unseres Spanisch-Wörterbuches zu übersetzen – allein das stellt Chico nicht zufrieden. Das ausgebreitete Obst ist längst wieder in den Sack im Einbaum verschwunden – die Stimmung ist gereizt – und Chico will sich, immer wieder Wasser schöpfend, sichtlich so lange an unserer Cul8r festhalten, bis wir ihm seine Perle wieder zurückgeben – was wir mit bestem Willen nicht können.
Das nächste Wort, das wir verstehen, lautet „Policia“. Ja, er möge ruhig die Polizei holen, vielleicht kann damit zumindest die Sprachbarriere aus Welt geschaffen werden. Chico entfernt sich erst bei Einbruch der Dunkelheit, laut schimpfend und mit der Drohung, die Polizei zu holen.
Kaum eine Stunde später und daher in völliger Dunkelheit kommen zwei Männer in einem etwas größeren Einbaum angerudert – unser Obstverkäufer Chico und ein junger Mann ohne Uniform, aber mit „Dienstwaffe“, der höflich ersucht, an Bord kommen zu dürfen und – wie könnte es anders sein – leider nur perfekt spanisch spricht.
Mit Deuten, Handzeichen und Wörterbuch versuchen wir dem sehr freundlichen Polizisten den „Tathergang“ klar zu machen – und scheinen damit auch Erfolg zu haben. Verständnisvoll nickend notiert er unsere Namen und vermittelt uns, dass er in dieser Sache nicht entscheiden könne, die Sache müsse sozusagen in die „nächste Instanz“ gehen. Die beiden werden wieder an Land paddeln und es wird ein anderes Boot kommen, das die weitere Vorgangsweise festlegen wird.
Vielleicht zwei Stunden später, so zwischen 21 und 22 Uhr, kommt wirklich ein zwar unbeleuchtetes, aber immerhin mit kräftigem Außenborder motorisiertes offenes Boot mit nicht weniger als sechs (!) Personen an Bord, längseits. Allen sechs ist eines gemeinsam – sie sprechen sehr gut spanisch. Ranghöchste ist eine Frau, sie zeigt uns erst einen Lichtbildausweis der Kommune Esmeralda – wir wissen bis heute nicht ob sie Ortsvorsteherin, Bürgermeisterin oder schlicht Gemeindeangestellt war.
Sie verlangt unsere Pässe, kontrolliert sie, und will sie behalten! Jetzt beginnt die Sache für uns unangenehm zu werden und unser Missmut ist unüberhörbar. In englischer Sprache versuche ich klarzumachen, dass es doch allen nur ums Geld gehe. Sie sollen mir doch sagen, was wir zu zahlen hätten – Perle hin oder her – wir haben sie nicht gesehen – sie mögen doch einen Preis nennen, um den wir uns loskaufen können.
Überflüssig zu sagen, dass wir nicht die geringste Ahnung haben, welchen Wert die nicht gesehene Perle hat. Die Botschaft dürfte aber verstanden worden sein – und so will die Sprecherin die Sache sichtlich nicht verstanden wissen.
Sie bittet an Bord kommen zu dürfen, zusammen mit einer zweiten, recht jungen Dame, im Minirock mit nabelfreiem T-Shirt, lackierten Gel-Fingernägel und westlichem Outfit. Ob diese die Perlentaucherin selbst oder vielleicht Chicos Tochter ist, werden wir nie erfahren – sie könne jedenfalls bezeugen, dass Chico eine Perle mithatte.
Wieder erfolgt mehr eine Darstellung als eine verbale Beschreibung des „Tatherganges“, der augenscheinlich verstanden wird. Lösung kann die „Ortsvorsteherin“ aber natürlich auch keine in Aussicht stellen. Aber sie zeigt sich sehr kompromissbereit und freundlich: Sie würde unsere Pässe nicht einbehalten, wenn wir ihr versprechen, morgen um 9 Uhr früh zur Polizeistation zu kommen, wo sie einen Bekannten anrufen könne, der auch deutsch spricht. Dieses Versprechen geben wir gerne – der Landgang war ja sowieso geplant – und die Abnahme beider Reisepässe ist damit vom Tisch.
Am nächsten Morgen stehen wir pünktlich vor dem Polizeigebäude am Hauptplatz, an dessen Außenwand der wohl einzige Münzfernsprecher des Ortes gut sichtbar montiert ist. Die Polizeistation ist bereits mit drei Männern besetzt, die allerdings erst dabei sind, ihre Zivilkleidung durch die Uniform zu ersetzen. Dies ist bald geschehen und einer der jetzt Uniformierten macht sich auf den Weg, die „Ortsvorsteherin“ von unserer Anwesenheit zu informieren.
Nach kurzer Wartezeit steht die Dame auch vor der Polizeistation, teilt uns aber etwas zerknirscht mit, dass ihr vorgesehener Dolmetscher mit seinem Boot unterwegs und daher telefonisch nicht erreichbar sei. Unsere fragenden Blicke beantwortet die „Orstvorsteherin“ mit einem für uns sehr überraschenden „You can go“ – und wir dachten sie spräche nur spanisch.
Gerne folgten wir dieser Aufforderung und verlassen eine halbe Stunde später die Las Perlas Inseln und Panama und machten uns trotz Leichtwindprognose auf den 850 sm langen Weg auf die Galapagos Inseln.
Hallo Kurt und Linda!
Schön, dass ihr manchmal Zeit findet uns zu begleiten. 60 sm am Balaton sind eine ganz Menge – und das (fast) ohne Welle und schlagenden Segeln – das muss doch schön sein 😉
Wir legen heute ab zum ganz großen Sprung – und fühlen uns keinesfalls einsam dabei Ein Österreicher ist vor uns, 5 weitere hinter uns – und viele Bekannte/Freunde aus anderen Ländern, mit denen wir Funk- oder Email-Kontakt haben.
Liebe Grüße an alle Balaton-Segler Claudia und Edi, Cul8r
Hallo Claudia u. Edi
Ich habe eure letzten Berichte sehr genossen, dachte als ihr in Panama wart und relativ wenig geschrieben habt, daß ihr halt auch schon ein bisschen schreibfauler werdet – allerdings bei weitem nicht so wie ich. Allerdings wisst ihr ja auch wie das bei den Pensionisten so ist: „keine Zeit-keine Zeit“ eure Kanaldurchfahrt konnte ich leider nicht live mitverfolgen da ich zu der Zeit nicht im Internet war, aber das war schon eine tolle Idee mit der Zeitangabe der Durchfahrt und den Kameras.Habe übrigens in der Osterwoche auch schon ca 60sm am Balaton gesegelt bei herrlichem Wind und Wetter.Also liebe Grüsse von den Balatonseglern und alles gute für die lange Überfahrt
Kurt&Linda