22.07.-03.08.2011
Der Legende nach durchtrennte der Gott Hiro einst mit seinem Auslegerkanu die Insel. Seit dieser Zeit existiert Huahine Nui, ein größerer, nördliche Teil und Huahine Iti, ein kleinerer Teil im Süden. Beide sind von einem schützenden Riffgürtel umschlossen, der von mehreren Passagen durchbrochen wird. Durch eine kleine Steinbrücke werden die beiden Inseln miteinander verbunden.
Nach einer schönen ruhigen Nacht durchfahren wir um acht Uhr morgens die östliche Passage des Riffgürtels und finden zwischen Huahine Iti und dem Motu Muri Mahora einen wunderschönen und einsamen Ankerplatz. Ganz alleine schwebt unsere Cul8r im türkisblauen Wasser über einem riesigen Sandfleck. In der Nähe kennzeichnen ein paar dunkle Flecke die darunterliegenden Korallen.
Die grüne gebirgige Insel bildet eine tolle Kulisse für unser gemütliches Frühstück und nach einem ersten Schnorchelgang fühlen wir uns wirklich wie im Paradies. Als dann unsere Freunde von der Nicone, die ebenfalls auf dem Weg nach Huahine sind, mit uns Funkkontakt aufnehmen, erzählen wir so begeistert von unserem Ankerplatz, dass sie ihr Vorhaben in den Süden der Insel zu fahren aufgeben und Kurs auf uns nehmen.
Leider haben wir beim Funken nicht bedacht, dass auch andere Segler mithören und so kommen dann am nächsten Morgen nicht nur Nicone sondern noch fünf andere – meist deutsche – Segelboote. Aus ist es mit der Einsamkeit.
Gleich am zweiten Tag von den fünf, die wir hier verbringen, umrunden wir Huahine Iti mit dem Fahrrädern. Dabei besuchen wir eine der zahlreichen Vanillefarmen. Von dichten Netzen geschützt, wachsen hier die Vanillestauden, deren wunderschöne Blühten – eine Orchideenart – in den Hochzeitskranz der Braut geflochten werden.
Solange sie wachsen, sind die aromatischen Vanilleschoten grün wie Fisolen. Erst nach neun Monaten verfärben sie sich schokoladebraun und sind reif für die Ernte. Dann braucht es noch einmal vier Monate Trockenzeit, ehe dieses begehrte Gewürz für den Verkauf verpackt werden kann.
Ich kann diese Gelegenheit natürlich nicht vorübergehen lassen und erstehe fünf, circa fünfzehn Zentimeter langen getrocknete Vanillestangen – für umgerechnet ca. 10 Euro. Klein geschnitten geben sie den Süßspeisen ein wunderbares Aroma. Davon konnten wir uns dann am Nachmittag beim frischen Topfenstrudel überzeugen.
Auf der einzigen Straße dieser Insel herrscht wenig Verkehr und so können wir diese wunderschöne Strecke wirklich genießen. Zwischen Wald oder Gärten auf der einen Seite, und vom Meer begrenzt auf der anderen, führt uns das Alphaltband durch eine abwechslungsreiche Landschaft und wir können verstehen, warum diese Inseln auch „der Garten Eden“ genannt wird.
Als kleine Stärkung erstehen wir an einem der Verkaufstische am Straßenrand, die Vorbeikommenden Obst und Gemüse aus dem Garten anbieten, einen Bund meiner Lieblingsbananensorte. In der Karibik wurden diese etwas kleinere, aber dickere Sorte Apfelbananen genannt. Ich mag an ihnen vor allem den leicht säuerlichen Geschmack.
Nach Abschluss unserer Inselumrundung sind wir froh unser einsames Dinghi noch so vorzufinden wie wir es hinterlassen haben. Im vollen Vertrauen auf die Freundlichkeit der Menschen hier benützen wir einen kleinen Privatsteg, der zu einem verlassenen Grundstück mit Haus gehört. Als wir unsere Räder über den Stacheldraht heben der den Grund von der Straße trennt, beobachtet uns ein Nachbar, der allerdings nur freundlich grüßt. Wenn möglich verwenden wir natürlich öffentliche Stege, aber nicht immer sind diese in leicht erreichbarer Nähe.
Weitere Radausflüge wollen wir nicht unternehmen, aber das schöne ruhige Wasser, lädt zum Kanufahren ein. Da wir kein Kunststoffkanu an der Reling angebunden mit uns führen wollen, ist es etwas aufwendig unser aufblasbares Drittboot aus den Tiefen der Backskiste heraufzuholen. Aber die anschließende Fahrt entlang dem Motu entschädigt Edi für seine Arbeit. Er bekommt sogar von Einheimischen eine Trinknuss geschenkt und mit der leichten Strömung lassen wir uns dann schnorchelnd zum Boot zurücktreiben.
Nach vier Tagen am selben Ankerplatz ist ein wenig „Tapetenwechsel“ angesagt und wir fahren nur „ums Eck“ in einen Seitenarm der“ Baie Maroe“. Dieser große Einschnitt, der die beiden Inseln trennt, ist teilweise über 100m tief. Kein Sandstrand säumt hier das Ufer, nur ein breiter Korallengürtel, der bis knapp unter die Wasseroberfläche reicht und steil abfällt, ist erkennbar.
Unser Anker fällt in der Mitte der „Baie Pravai“ auf 25m. Das ist eine ungewöhnliche Tiefe für uns; 40m Kette und 20m Leine verbinden die Cul8r mit unserem Anker, der an diesem Platz guten Halt findet. Zum Glück sind wir das einzige Boot in dieser Bucht, denn bei so viel Kette bzw. Leine benötigen wir viel Platz zum schwoien.
Während der Fahrt hat uns ein kurzer Regenschauer überrascht, doch jetzt ist der Himmel wieder strahlend blau und so steht einem kleinen Landspaziergang nichts im Weg. Entlang der Straße führt der steil bergan gehende Weg zum Aussichtspunkt „Belvedere“. Dort treffen wir ein paar Schweizer, die mit einem Mofa unterwegs sind und uns die, im nächsten Tal lebenden, „Heiligen Aale“ empfehlen.
So folgen wir weiter der wenig befahrenen Straße und nach einer knappen Stunde können auch wir diese seltenen Tiere begutachten. Aale mit blauen Augen – warum sie allerdings heilig sind, verstehen wir nicht. Durstig nach dem langen Weg folgen wir einem Schild mit der Aufschrift „Cafe und Eis“.
Das angepriesene „Cafe“ entpuppt sich als findige Idee eines Paares, die uns dann auch im Wohnzimmer ihres Hauses einen solchen kredenzen. Sie führen uns durch die Garage – die als Atelier zur Herstellung der hier allseits beliebten Paeros (Wickeltücher) verwendet wird – und schlussendlich landen wir in einem Ausstellungsraum.
Hier werden neben der Paeros noch verschiedene selbstgefertigte Schmuckstücke aus Muscheln und anderen Naturalien zum Verkauf angeboten. Die beiden erzählen uns, dass sie mit ihren Arbeiten die Souvenirläden der umliegenden Inseln beliefert. Beim Erzeuger selbst können wir nur selten einkaufen und so erstehen wir eines der handgemalten Tücher mit dazu passende Muschelschnalle.
Und auch am Heimweg haben wir Glück. Wir treffen einen Franzosen, der dem Charme dieser Insel schon vor 20 Jahren erlegen ist. Er lebt davon, Touristen mit seinem Pickup, auf dessen Ladefläche Bänke montiert sind, um die Insel zu führen. An diesem Nachmittag hat er noch freie Plätze und nimmt uns gerne mit. Er erspart uns eine weitere „Bergwertung“ und wir schaffen es, rechtzeitig zum Sundowner auf unserer einsam am Ankerplatz liegenden Cul8r einzutreffen.
Obwohl die Bucht in der wir liegen von ein paar Häusern und einer Straße umsäumt ist, senkt sich mit der Dunkelheit der Nacht eine Stille auf uns, die fast greifbar ist. Nur wenige Lichter konkurrieren mit den tausenden funkelnden Sternen, die wir – am Netz liegend – beobachten können. Wie immer sehe ich bei solchen Gelegenheiten nach einer Sternschnuppe aus, und beim Anblick des riesigen Firmamentes über mir, fühle ich mich wieder einmal ganz klein.
Unser Kanu liegt noch fahrbereit an Deck und so nützen wir die Gelegenheit und paddeln über das flache Riff zu einer kleinen Halbinsel. Hier spazieren wir am – und teilweise im – flachen Wasser entlang des Ufers. Kleine Landkrabben verschwinden in ihren Erdlöchern und Einsiedlerkrebse verstecken sich in Ihren Häusern sobald wir uns nähern. Es knackst und raschelt im trockenen Laub, als würden kleine Heinzelmännchen oder Kobolde darin leben.
Eine kurze, steile Böschung führt uns zu einem Plateau, das mit hohen Nadelbäumen bewachsen ist. Zu unserer Überraschung ist jedoch der Boden des kleinen Waldes mit Farn bewachsen, das mir bis zur Brust reicht. Eine Zeitlang kämpfen wir uns durch das dichte Gewächs und ich bin sehr froh zu wissen, dass es hier auf den Inseln keine Schlangen oder sonstiges giftiges Getier gibt.
Kurz bevor ich Edi vorschlage umzukehren, stoßen wir auf einen richtigen Weg der uns wieder hinunter führt. Über meine zerkratzen Beine, trösten mich die gefunden Mangos hinweg. Mindestens zwei Kilo der wunderbar reifen und süßen Früchte können wir einsammeln. Sie werden später am Weg nach Fare gleich zu Marmelade verarbeitet. Mangomarmelade mit Vanille ein unvergleichliches Aroma, das uns noch lange an diesen Ausflug erinnern wird.
Zur Freude von Edi können wir dann bei wunderschönem Wind fast vier Stunden nach Fare – der Hauptstadt von Huahine – segeln. Für solche Strecken brauchen wir keinen Autopiloten – da steuert der Skipper gerne selbst.
Am Ankerplatz von Fare treffen wir auch wieder, schon bekannte und neue Freunde, tauschen beim Sundowner Erfahrungen aus und schmieden gemeinsam Pläne für die weitere Fahrt.
Aber noch gibt es hier einiges zu besichtigen, ehe es auch bei uns weiter geht. Vor allem wollen wir wieder einmal die vielgepriesene Unterwasserwelt besuchen. Unser erstes Abtauchen am Pass ist jedoch eher enttäuschend, außer ein paar Drückerfischen ist nicht viel zu sehen.
So entschließen wir uns einen weiteren Versuch mit der ortsansässigen Tauchschule zu unternehmen. Gleich um acht Uhr morgens geht es los und diesmal sind wir restlos begeistert. Auf fast 30m Tiefe können wir eine große Gruppe Grauhaie und Barrakudas beobachten.
Nach dem Tauchen fahren wir dann gleich mit den Rädern los, um noch rechtzeitig zur „Heiva“ am Stadtrand zu kommen. Drei Tage lang tanzen und singen die Gruppen der umliegenden Inseln hier in einem großen wunderschön geschmückten Festzelt mit- und gegeneinander. Wir kommen gerade noch rechtzeitig um die letzte Gruppe des Vormittags zu sehen.
Danach geht es weiter zur „Hauptsehenswürdigkeit“ von Huahine, der archäologischen Fundstätte von Maeva, die aus einigen alten Steinplatten besteht. Möglicherweise können wir die Bedeutung dieser Stätte einfach nicht würdigen, doch sie begeistert uns nicht wirklich.
Deshalb machen wir uns auf die Suche nach dem beschriebenen Waldpfad, der zwar deutlich ausgeschildert, aber trotzdem nicht so leicht zu entdecken ist.
Doch schlussendlich werden wir fündig und spazieren entlang von alten Vanilleplantagen direkt hinein in den grünen Urwald. Das ist schon eher nach unserem Geschmack und wir freuen uns sehr, als wir nach einiger Zeit Oliver einen Polynesier treffen, der im Wald unterwegs ist, um Papayas zu suchen. Ein paar schöne reife Früchte befinden sich schon in seinem Sack.
Die polynesische Gastfreundschaft gebietet in solch einem Fall den Fremden eine der gefundenen Früchte anzubieten. Mittlerweile sind wir mit den Sitten dieses Landes ein wenig vertraut und lehnen sein großzügiges Angebot ab. Dass wir richtig gehandelt haben, können wir an seiner Erleichterung über unsere Ablehnung erkennen.
Als Ersatz für die Papaya öffnet er für uns eine der vielen herumliegenden Kokosnüsse und begleitet uns zum nahen Hügel Marae Matairea Rahi. Dieser Platz mit seiner wunderschönen Aussicht war einst Tane – dem Gott des Lichts –geweiht.
Am Weg zurück finden wir noch ein paar wohlschmeckende orangefarbene Früchte, die Oliver als Mangoart identifiziert. So profitieren auch wir von dem überreichenreichen Angebot an Früchten.
Den letzten Tag in Huahine nutzen wir um einige anstehende Arbeiten zu erledigen. Auch wenn wir im „ewigen Urlaub“ leben, zu tun gibt es auf unserer Cul8r immer etwas.
Am späten Nachmittag fährt dann ein Segelboot mit geknicktem Mast in den Hafen ein. Traurig hängen der Mast mit dem Großsegel und das Profilvorstag mit der Genua – beide Segel zerrissen – ins Wasser.
Als wir sehen, dass die beiden Damen auf dem Boot mit den kaputten Teilen kämpfen, bieten wir ihnen unsere Hilfe an. Gemeinsam bergen wir die Segel, schlagen das Vorstag ab und befestigen alle Teile so am Boot, das nichts mehr ins Wasser hängt.
Wie sie uns erzählen, ist ihnen bei 15kn Wind zirka 10sm vor Huahine eine Want gebrochen und daraufhin der Mast samt Vorstag geknickt. Sie selbst sind zum Glück mit dem Schreck davongekommen.
Dann ist es wirklich Zeit für uns – fast zwei Wochen haben wir auf dieser wunderschönen Insel verbracht und ich bin fast ein wenig wehmütig, als sie in unserem Kielwasser zurückbleibt.